Nachgefragt!
Melanie Edlinger, BA - Sozialpädagogin
Melanie Edlinger, BA ist Sozialpädagogin und bei den Flexiblen Hilfen (Sozialpädagogische Familienbetreuung) von Diakonie Zentrum Spattstraße beschäftigt. Wir haben sie für die Reihe "Nachgefragt" zu ihrem Job, ihren Aufgaben, ihrem Alltag, ihrer Ausbildung befragt.
Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus? Was sind deine Aufgaben?
Abwechslungsreich! Um diese Frage zu beantworten habe ich einen bestimmten Tag gewählt, anhand von dem sich meine Aufgaben gut skizzieren lassen.
Um 8 Uhr starte ich auf der BH Linz-Land mit einem Hilfeplangespräch mit einer Familie, der zuständigen Sozialarbeiterin und den Sozialpädagogen. Bei diesem einstündigen Gespräch wird über den Betreuungsverlauf, aktuelle Themen und vor allem über die Zielsetzungen seitens der Familie und der Kinder- und Jugendhilfe gesprochen.
Um 9:30 Uhr hole ich ein sechsjähriges Mädchen von zu Hause ab und wir fahren ins Diakonie Zentrum Spattstraße. Kurzer Wortwechsel mit den Eltern. Bereits eine Woche davor haben das Mädchen und ich vereinbart, dass wir heute einen Kuchen zusammen backen. Gesagt – getan. Durch das gemeinsame Backen werden die Fähigkeiten des Mädchens gut sichtbar, indem sie die Zutaten selbst abwiegen kann (Zahlenverständnis), die Zutaten zusammenfügt und schließlich in die Backform füllt (Geschicklichkeit). Während der Kuchen im Ofen ist, spielen wir Memory. Hier zeigt sich ihre gute Merkfähigkeit und sie genießt meine alleinige Aufmerksamkeit sehr. Andere Kolleg*innen sind ebenfalls in der Spatti und können dem Duft des Kuchens nicht widerstehen. Das Lob über den gelungenen Kuchen freut das Mädchen. Gegen Mittag bringe ich sie wieder nach Hause.
Zwischenzeitlich erfolgt ein Telefonat mit einer Sozialarbeiterin einer anderen Familie, die sich nach der derzeitigen Situation erkundigt, da es vor kurzem eine Krise gab.
Um 13 Uhr hole ich einen fünfjährigen Jungen vom Kindergarten ab, um mit ihm in das Kinder- und Jugendkompetenzzentrum der Caritas zu fahren. Der Junge geht alle zwei Wochen in eine psychologische Therapie, zu der ich ihn begleite und während seiner Therapieeinheit auf ihn warte. Hier ist es meine Aufgabe, den Jungen zu motivieren, damit er in die Therapie geht. Für ihn gestaltet sich die Stunde in der Therapie als langweilig und er will eigentlich nicht mit der Therapeutin sprechen.
Die Wartezeit nütze ich, um Vernetzungsgespräche mit der Klassenlehrerin eines Neunjährigen zu führen, den ich ebenso betreue. Mit dieser Klassenlehrerin bin ich in gutem Kontakt und ich erhalte wesentliche Informationen über das Verhalten des Jungen in der Schule.
Aber wieder zurück in den Warteraum: Nach 50 Minuten ist die Therapieeinheit geschafft – und es folgt ein gemeinsamer Nachmittag auf den Rädern im Park. Dann bringe ich den Jungen wieder nach Hause.
Um 15:30 Uhr startet der wöchentliche Kochworkshop in der Spatti, für den sich Familien freiwillig melden können. Sechs Familien aus verschiedensten Herkunftsländern treffen sich, um zusammen mit ihren jeweiligen Betreuer*innen traditionelle Gerichte zu kochen, die sie auch daheim gerne kochen. Jede Woche übernimmt eine andere Familie die Anleitung des Workshops. Ziel ist es, die Familien untereinander zu vernetzen, eine schöne Zeit zusammen zu erleben und Gemeinschaft spürbar zu machen.
Gegen 19 Uhr geht ein langer und abwechslungsreicher Arbeitstag zu Ende. Nun heißt es für mich: abschalten, den Abend und die Freizeit genießen und wieder meinen Energie-Tank für den nächsten vielseitigen Arbeitstag füllen.
Was sind deine Aufgaben?
Über allem steht unser gelebter Slogan „Dasein für Kinder und Jugendliche“: Beratung, Begleitung, Unterstützung, enge Kooperation mit Kindergarten/Schule/Hort, Einbettung in die soziale Umgebung der Familie, Bereitstellung von Hilfsangeboten, Gespräche und Anleitungen, Vernetzungsarbeit mit Sozialarbeitern und Institutionen, Freizeitbetreuungsangebote ...
Warum hast du dich für einen Sozialberuf entschieden?
Auf das Leben von Kindern und Jugendlichen positiv und unterstützend einzuwirken, ist nicht nur das Ziel des Diakonie Zentrums Spattstraße, sondern auch der Grund, warum ich mich 2015 dazu entschieden habe, eine Ausbildung im Sozialbereich zu starten. Zuvor war ich sieben Jahre in einem Betrieb im Bereich Eventorganisation tätig, als der innere Drang, eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin zu starten, immer größer wurde. Der Berufswechsel fiel mir nicht schwer, da ich nach einem Job gesucht habe, in dem ich herausgefordert werde, der mir Perspektiven bietet, der mir Freude bereitet und in dem ich mich vor allem verwirklichen kann, nachdem ich vorher schon im privaten Umfeld Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern sammeln durfte.
Welche Ausbildung hast du gemacht?
Von 2015 – 2018 studierte ich berufsbegleitend an der Fachhochschule Linz Soziale Arbeit und bin nun stolze Besitzerin eines akademischen Titels.
Was sollte man für deinen Job mitbringen?
Essenziell sind meiner Meinung nach die sozialen Kompetenzen, sich in einen Menschen hineinversetzen zu können und bereit sein, die Probleme anderer Menschen wahrzunehmen und mit ihnen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, kurz gesagt Empathie. Zudem erfordert die Arbeit in der sozialpädagogischen Familienbetreuung eine stabile Persönlichkeit, man sollte also mit Druck umgehen können und stressresistent sein. Wichtig ist die eigenen Werte wie Ehrlichkeit, Wertschätzung und Gerechtigkeitssinn zu wahren, diskret und achtsam zu sein, das Vertrauen der Familien und Kinder nicht zu verletzen. Die Arbeit im sozialen Bereich kann psychisch sehr belastend sein und erfordert eine hohe emotionale Stärke und die Fähigkeit, nach der Arbeit abschalten und sich distanzieren zu können. Ebenso wichtig ist ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Respekt gegenüber den Familien.
Was sind die Herausforderungen in deinem Beruf?
- Delinquentes, aggressives, fremd- oder selbstgefährdendes Verhalten von Kindern und Jugendlichen
- Emotionale Vernachlässigung
- Anhaltende familiäre Spannungen und dissoziales familiäres Verhalten
- Psychische Störungen oder Krankheiten bei Kindeseltern
- Gravierend mangelnde Erziehungskompetenzen der Eltern
- Nachhaltigkeit in punkto Gesundheit, Wohnen, Ernährung und Finanzen
- Komplexe Störungen der kindlichen/jugendlichen Persönlichkeitsentwicklung
- Suchtverhalten hinsichtlich Alkohol, Medien, Umgang mit Geld
- Psychosoziale und kognitive Entwicklungen der Kinder und Jugendlichen
Was sind die Highlights in deiner Arbeit?
- die Bestätigung, dass dank der Betreuung die gesetzten Ziele erreicht werden konnten
- die positive Entfaltung und Entwicklung der Kinder
- Verbesserung der Verhaltensmuster zwischen Eltern und Kindern
- die während der Betreuung vermittelten Inhalte werden umgesetzt
- die Sichtbarkeit von erworbenen Reflexionskompetenzen der Familie
- proaktives Engagement der Familien beim bewussten Einhalten von Regeln des Zusammenwirkens