Scheitern gehört manchmal dazu
Alexander Huber, MA
ist Sozialarbeiter im Of(f)'n-Stüberl der Evangelischen Stadtdiakonie.
Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus, was sind deine Aufgaben?
Ich arbeite in einem Tageszentrum der Wohnungslosenhilfe, in dem wir neben Frühstück auch Wasch- und Ruheräume bereitstellen. Mein Tag beginnt also damit, gemeinsam mit Kolleg*innen und unseren Ehrenamtlichen das Buffet für unsere Gäste vorzubereiten. Ist das erledigt, öffnen wir die Pforten zum Of(f)‘n-Stüberl, und was dann kommt, ist wirklich jeden Tag unterschiedlich. Die Arbeit ist so vielfältig wie die Menschen selbst, die zu uns kommen. Manche nutzen unser Angebot in akuten Krisen zur Überbrückung, um ihre Situation wieder zu stabilisieren, andere besuchen uns über Jahre hinweg täglich. Hin und wieder geht es nur darum, das Basisangebot zu gewährleisten, gespickt mit ein paar Entlastungsgesprächen zwischendurch, die dann längerfristig oft zu einer vertiefenden Arbeit führen. Grosso modo besteht unsere Arbeit aber natürlich darin, Betroffene auf dem Weg aus der Wohnungslosigkeit und den damit einhergehenden psychischen Krisen zu begleiten. Dafür reichen oft punktuelle Unterstützungen, ein paar Telefonate, das Ausfüllen von Formularen etc., um kurzfristig Perspektiven zu schaffen. In anderen Fällen ist es oft ein bürokratischer Hürdenlauf über mehrere Monate hinweg.
Diese Basissozialarbeit beansprucht rund drei Viertel meiner Arbeitszeit. Den Rest der Zeit verbringe ich mit Leitungsaufgaben. Wir sind ein relativ großes Team mit vielen Kolleg*innen mit Teilzeitanstellungen. Da geht es um ganz triviale Dinge, wie etwa Dienstpläne abzusichern, Informationsflüsse aufrecht zu erhalten, aber natürlich auch darum, die fachliche Qualität des Angebotes sicherzustellen und im Team weiterzuentwickeln etc..
Warum hast du dich für einen Sozialberuf entschieden?
Ich habe ursprünglich eine Ausbildung im Bereich Wirtschaftsinformatik gemacht. Das ist ein Arbeitsbereich, in dem betriebliche Prozesse effizienter gestaltet und durch technische Lösungen beschleunigt werden sollen. Es geht also sehr stark um Rationalisierung. Wobei man - vielleicht etwas überspitzt formuliert – oft daran arbeitet, Arbeitsplätze einzusparen. Da tauchte irgendwann die Sinnfrage bei mir auf, ob denn das ein gesellschaftlich wertvoller Beitrag ist, den ich mit meiner Arbeit leiste. Ich wollte dann eine Weile Lehrer mit eben jenem Fächerschwerpunkt werden, also etwas Pädagogisches machen, bin aber dann auf die Sozialarbeit gestoßen. Da geht es ja auch darum, Probleme zu lösen, aber halt ohne gleichzeitig für andere Menschen welche zu schaffen.
Welche Ausbildung hast du gemacht?
Bachelor- und Masterstudium der Sozialen Arbeit (abgeschlossen) und Doktoratsstudium der Sozialpädagogik (noch im Laufen).
Was sollte man für deinen Job mitbringen?
Zum einem glaube ich, dass eine gewisse Belastbarkeit sicher nicht schlecht ist. Wir arbeiten mit Menschen in ausgeprägten Krisensituationen und bekommen in der Arbeit mit unserer Zielgruppe schon viel Elend mit. Prozesse dauern manchmal sehr lange, bis sich eine Veränderung zum Positiven einstellt. Da muss man sich gut abgrenzen und darf sich bei aller notwendigen Empathie nicht zu sehr vereinnahmen lassen. Außerdem sind eine gewisse Geduld und eine relativ hohe Frustrationstoleranz sicher von Vorteil, weil Scheitern manchmal auch dazugehört. Das sind ein paar persönliche Voraussetzungen. Und dann geht es aus fachlicher Sicht noch darum, einen holistischen Blick auf die Zielgruppe bzw. auf das Phänomen Wohnungslosigkeit zu haben. Hat man das nicht, und konzentriert man sich zu stark auf das Individuum, läuft man wahrscheinlich Gefahr, etwa die strukturelle Dimension, den Betroffenen zuzuschreiben usw.. Wir sind zwangsläufig Generalisten in unserem Job.
Was sind die Herausforderungen in deinem Beruf?
Das ist ziemlich subjektiv. Aber was, glaube ich, für einen guten Teil der Wohnungslosenhilfe eine Herausforderung darstellt, sind Fälle in denen aus rechtlichen und/oder aus gesundheitlichen Gründen Stillstand herrscht und für die Sozialarbeit keine Handlungsoptionen mehr gegeben sind. Man muss ganz ehrlich sagen, dass wir in manchen Fällen nichts anderes tun können, als (psycho)soziale Probleme zu „verwalten“ oder deren Chronifizierung zu entschleunigen. Das ist speziell der Fall, wenn man eben durch strukturelle und manchmal auch institutionelle Umstände in die Schranken gewiesen wird. Man kann da natürlich immer wieder darauf hinweisen und es problematisieren, aber für die unmittelbar Betroffenen ändert sich vorerst einmal nichts und damit muss man auch umgehen können.
Was sind die Highlights in deiner Arbeit?
Natürlich, wenn wir Menschen von der Straße wegbringen oder irgendwie sonst zu einer Verbesserung der Situation beitragen können. Aber auch ein gutes Klima im Betrieb ist wichtig und, dass wir es schaffen, trotz der vielen Stressoren, denen unsere Gäste ausgesetzt sind, für ein friedliches Miteinander im Stüberl zu sorgen.