Bildung aus Verantwortung für die Menschen
Wer beruflich im Sozialbereich tätig ist, trägt Verantwortung für Menschen, die es zumeist nicht leicht haben im Leben. Dies erfordert eine hohe fachliche und menschliche Kompetenz, die nur durch eine qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung wachsen kann.
Interwiev mit Prof. Dr. Markus Lehner, Fachhochschule Oberösterreich
Seit 2002 leitet Prof. Dr. Markus Lehner akademische Ausbildungen für den Sozialbereich, aktuell das Bachelorstudium „Sozialmanagement“ und das Masterstudium „Gesundheits-, Sozial- und Public Management“ der FH OÖ in Linz. Zudem ist er Initiator der Lehrgänge „Management Sozialer Unternehmen“ und „Management Sozialer Innovationen“ in Wien.
Welche Bedeutung hat Bildung im Sozialbereich aus Sicht einer Ausbildungsstätte?
Wer beruflich im Sozialbereich tätig ist, hat mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu tun. Dies erfordert nicht nur persönliche Sensibilität, sondern auch fachliches Wissen über diese Situationen. Fachkräfte im
Sozialbereich brauchen die Kompetenz, die Situation analysieren und beurteilen zu können. Sie müssen die aktuellen Methoden kennen, wie man diese Menschen beraten und unterstützen kann. Die Ausbildungsstätten haben die Aufgabe, künftige Fachkräfte sowohl bei der Entwicklung ihrer sozialen und persönlichen Kompetenz zu unterstützen, als auch sie auf fachlicher Ebene auf den aktuellen Stand des Wissens zu bringen.
Was würden Sie einem jungen Menschen empfehlen, der sich für einen Beruf im Sozialbereich interessiert?
Das kommt zunächst auf seine Neigungen und Interessen an, dann auf die fachlichen Voraussetzungen auf schulischer Seite. Um zu erfahren, ob man tatsächlich eine Eignung für einen Sozialberuf hat, bietet es sich zunächst an, in Form eines freiwilligen Engagements Erfahrungen zu sammeln. Die intensivste Form dafür ist ein Freiwilliges Soziales Jahr, das ja inzwischen von vielen Trägern angeboten wird.
Viele Sozialberufe sind auch ohne Matura zugänglich. Dazu zählen die Fach-Sozialbetreuung bzw. Diplom-Sozialbetreuung in den Bereichen Altenarbeit, Behindertenarbeit, Behindertenbegleitung und Familienarbeit, oder die Heimhilfe. Im oö. Sozialberufegesetz sind zudem die Berufsbilder Sozialpädagogische Fachbetreuung in der Jugendwohlfahrt sowie Persönliche Assistenz, Frühförderung, Sehfrühförderung und Peer-Beratung geregelt. Die zumeist dreijährigen Ausbildungen sind sehr praxisorientiert aufgebaut, sodass man schon sehr bald die eigenen Stärken und Schwächen für eine berufliche Zukunft in diesem Arbeitsfeld erkennen kann.
Seit 2001 gibt es in Oberösterreich auch Ausbildungen auf akademischem Niveau, die eine Studienberechtigung voraussetzen. Dies war zunächst das Studium Soziale Arbeit an der FH Oberösterreich, das die frühere Sozialakademie ersetzte, und das primär auf den Kontakt mit Klient*innen vorbereiten will. Mit der Akademisierung der Ausbildung von Sozialarbeiter*innen sollte verstärkt auf eine wissenschaftliche Fundierung dieses Sozialberufs Wert gelegt werden.
Das seit 2002 angebotene Studium Sozialmanagement an der FH Oberösterreich richtet sich dagegen an Personen, die stärker an den organisatorischen und wirtschaftlichen Aufgabenstellungen in der Sozialbranche interessiert sind. Dieses Studium verbindet Fachwissen für den Sozialbereich mit Managementkompetenzen.
Es ist insgesamt ein Kennzeichen von Ausbildungen für Sozialberufe, dass sie interdisziplinär aufgebaut sind. Neben Humanwissenschaften wie Psychologie oder Pädagogik spielen Sozialwissenschaften wie Soziologie und Politikwissenschaft eine Rolle, aber auch rechtliche Aspekte sind relevant für die Berufstätigkeit im Sozialbereich.
Welche Möglichkeiten gibt es für Quereinsteiger*innen aus anderen Branchen?
Man hat im Sozialbereich immer die Meinung vertreten, dass ein Sozialberuf eine gewisse menschliche Reife voraussetzt. Deshalb waren 15-jährige Abgänger*innen des Pflichtschulbereichs nie die zentrale Zielgruppe für die Ausbildungsstätten, sondern man setzte ein höheres Alter voraus. Damit besteht eine große Offenheit für Quereinsteiger*innen, die in anderen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft bereits Lebenserfahrung erworben haben. Auch organisatorisch hat man entsprechend vorgesorgt, und viele Ausbildungen werden auch in berufsbegleitenden Varianten angeboten. Manche, wie etwa das Studium Sozialmanagement, gibt es sogar nur in berufsbegleitender Form. Die Erfahrung zeigt, dass gerade Quereinsteiger*innen viele Kompetenzen in die Ausbildung und den späteren Beruf einbringen, die bei bloßen Schulabgänger*innen noch nicht gegeben sind.
Ist Lebenslanges Lernen auch ein Thema für den Sozialbereich?
Der Wandel der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zwingt die Sozialbranche zu ständiger Innovation. Es entstehen neue Problemlagen, die neue methodische, fachliche und organisatorische Antworten erfordern. Dies bedeutet aber auch, dass die Fachkräfte gefordert sind, sich selbst und die eigenen beruflichen Kompetenzen ständig weiterzuentwickeln. Es ist zentrale Aufgabe der Personalentwicklung in den sozialwirtschaftlichen Unternehmen, dies zu ermöglichen. Und es ist Sache der Politik, die dafür notwendigen finanziellen Ressourcenzur Verfügung zu stellen.
Es gibt eine ganze Reihe privater Weiterbildungsangebote, die Seminare und Kurse organisieren. Interessensvereinigungen, Sozialunternehmen und Ausbildungsstätten veranstalten Fachtagungen, bei denen aktuelle Fragestellungen aufgegriffen werden. Es ist gut, dass es diese Vielfalt gibt, sie spiegelt die Innovationsbereitschaft der Sozialwirtschaft wieder.