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Überblick über Schulden gewinnen

Marina Birgit Weidinger

ist Schuldnerberaterin beim Verein Schuldnerberatung OÖ

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Wie sieht ein Arbeitsalltag bei dir aus, was sind deine Aufgaben?

Ich bin seit 2002 als Beraterin im Verein der Schuldnerberatung OÖ in Linz tätig. Das ist eine staatlich anerkannte Beratungsstelle für Menschen die ver- bzw. überschuldet sind. Unser Beratungsangebot erstreckt sich von präventiven Angeboten bis zur Beratung von über- bzw. verschuldeten Personen.

Unsere Präventionseinrichtung heißt Klartext – finanzielle Gesundheit – das Ziel liegt hier in der Begleitung und Beratung von Menschen hin zu verantwortungsbewussten und selbstbestimmten Konsument*innen. Wir vermitteln Fähigkeiten und Informationen in Bezug auf die eigenen finanziellen Ressourcen (verfügbares Einkommen, Ersparnisse, Ausgaben, …) und das eigene Konsumverhalten.

In meiner Arbeit als Schuldnerberaterin habe ich mit überschuldeten Personen zu tun. Die Hauptarbeit liegt hier in der Gewinnung eines Überblickes in Bezug auf die Schulden und auf das Haushaltsbudget. Ziel ist es eine leistbare und angemessene Rückzahlungsvereinbarung mit den Gläubigern zu treffen, um in einigen Jahren schuldenfrei zu sein und wieder eine möglichst „normale“ Teilhabe am wirtschaftlichen Leben zu erlangen. Wenn die Klient*innen zu mir kommen sind sie oft verzweifelt, haben Angst vor vielen Dingen (Gerichtsvollziehern, Mahnungen, Exekutionen, Inkassoschreiben, Inkassomitarbeitern, Angst vor der Beratung, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, etc.) und benötigen zu Beginn eine klare, sichere und informative Beratungssituation.

An einem herkömmlichen Arbeitstag habe ich je nach Arbeitsanfall unterschiedlich viele Beratungstermine, die Termine mit den Klient*innen teile ich mir selbst ein. Zwischen den Beratungen schreibe ich Aktenvermerke, verfasse Berichte an das Gericht, telefoniere mit Klient*innen, Gläubigern, Sozialeinrichtungen, Arbeitgebern und anderen beteiligten Personen, überprüfe Forderungen der Gläubiger auf Richtigkeit usw. Das Sekretariat unterstützt mich hierbei in vielerlei Hinsicht bei meiner Arbeit.

Neben der beratenden Tätigkeit, vertritt die Schuldnerberatung OÖ auch bei Gerichtsverfahren, dies ist für unsere KlientInnen eine große Entlastung, da sie im Umgang mit Gerichten oft unsicher sind. Meine Unterstützung bedeutet hier, dass ich mit dem Gericht, dem Arbeitgeber, den Gläubigern und deren Vertretern in Bezug auf eine Schuldenregelung kommuniziere/verhandle. Ich begleite meine Klient*innen auch zu den anberaumten Gerichtsterminen um sie vor Gericht zu vertreten.

Wichtig für die Erreichung der „Schuldenfreiheit“ ist eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Berater*in, Klient*innen, Arbeitgebern, Gläubigern bzw. Gläubigervertretern (Inkassobüros, Anwälte etc.) und dem zuständigen Insolvenzgericht.

Zu meinen Aufgaben gehört ab und an auch die Anleitung von Praktikant*innen der Fachhochschule für Soziale Arbeit. Sinn ist es hier den Studierenden einen Einblick in das Berufsbild einer Schuldnerberaterin, eines Schuldnerberaters zu gewähren, event. Interesse an der Beratungstätigkeit zu wecken und die Berufsfindung des Studierenden zu unterstützen.

Warum hast du dich für einen Sozialberuf entschieden?

Ich liebe meine Arbeit, weil sie sehr vielfältig und abwechslungsreich ist. Sie ist lebendig für mich, weil ich mit Menschen zu tun habe, die sich vertrauensvoll an unsere Beratungsstelle wenden. Dies mit der Bitte um Unterstützung, die ich in vielen Fällen auch gewähren kann. Die Arbeit macht u.a. Sinn für mich, weil unsere Klient*innen mit ihren Problemen sonst alleine wären, sich ohne Beratung oft in ausweglosen Situationen befänden, in denen sie sich hilflos fühlen würden. Oft werden sie von ihrem näheren Umfeld auch gemieden bzw. gebrandmarkt und/oder als „Schuldner“ abgestempelt. Es ist schön zu sehen, wie sie im Beratungsverlauf wachsen können und auch wieder mehr Selbstvertrauen gewinnen.

Welche Ausbildung hast du gemacht?

Ich habe einen der letzten Jahrgänge der berufsbegleitenden, 4-jährigen Ausbildung zur „diplomierten Sozialarbeiterin“ an der Sozialakademie des Landes OÖ absolviert.

Was sollte man für deinen Job mitbringen?

Neben einer allgemeinen Eignung im Umgang mit Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden: Gesprächsführungskompetenz, Einfühlungsvermögen, juristisches Interesse, Verhandlungsgeschick und Interesse an der Materie der Schuldenregelung allgemein.

Was sind die Herausforderungen in deinem Beruf?

Der Umgang mit Situationen, in denen es - trotz ausreichender Motivation der Klient*innen - nicht möglich ist, ihnen zu helfen. Dies, weil es aufgrund der persönlichen Situation oder auch aufgrund der gesetzlichen Gegebenheiten nicht gelingt, eine Besserung zu erreichen.

Was sind die Highlights in deiner Arbeit?

Die Arbeit als Schuldnerberaterin ist sehr abwechslungsreich und daher für mich nie langweilig: Beratungsgespräche, Telefonate mit Gläubigern, Gericht, Klient*innen etc., regelmäßige Fallbesprechungen mit Kolleg*innen im Team, Gerichtstermine/Verhandlungen, Supervisionen, Fortbildungen etc. wechseln sich ab. Außerdem arbeite ich sehr gerne mit meinen Kolleg*innen „im besten Team weltweit“, zusammen.

Wenn vorgenommene Schuldenregelungen gelingen und ich die Dankbarkeit der Klient*innen spüre, schwierige Prozesse gut gemeistert wurden und gute Regelungen gefunden werden, freue ich mich über meine sinnvolle Arbeit.

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